02. April 2015
      Der Traum vom Schokoladenbaum
Der Traum vom Schokoladenbaum

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Das war für mich nicht weiter schlimm, denn ich hatte ja meinen Schäferhund, meinen besten, meinen allerbesten Freund, der immer für mich da war.

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Die anderen Kinder fehlten mir nicht. Es gab weit und breit keine Kindergärten, ich hatte meine eigene wunderbare Welt, bei den Kühen auf der Wiese, im Stall bei den kleinen Ferkeln, mit unseren Katzen und mit meinem Hund Dolfo.

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.Mama, Papa und Oma waren ja auch noch da, aber die mußten den ganzen Tag bis in die Nacht hinein auf dem Hof arbeiten.Wir hatten kein Fernsehgerät, nicht einmal ein Telefon.

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Viel Geld hatten wir nicht, aber Samstags kaufte Papa 4 Brezeln, das war ein großer Luxus, neben dem selbstgebackenen Schwarzbrot. Süßigkeiten gab es nur zu ganz besonderen Anlässen.

Wenn es einmal eine Tafel Schokolade gab, wurde gerecht geteilt. Zwei Riegel für Oma, Mama, Papa und für mich, und manchmal gab mir Papa noch etwas von seinem Teil ab.

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An einem schönen Sommertag, ich war vielleicht 4 oder 5 Jahre alt, kam eine Tante aus der großen Stadt, aus Düsseldorf zu Besuch. Sie brachte mir ein wunderschönes, weißes, Kleid mit blauen Tupfen mit – und eine Tafel Milka Noisette Schokolade. NUR FÃœR MICH. Ich mußte und wollte auch nicht teilen.

Tagelang hortete ich meinen Schatz, schaute die Schokolade an, drehte sie hin und her, und roch an den Ecken, in der Hoffnung, vielleicht ein wenig Nußaroma zu erschnuppern. Ich wollte den perfekten Zeitpunkt abwarten, bis ich endlich die Tafel öffnen, und das erste Stückchen in meinen Mund schieben würde.Ich wußte genau, wie es schmecken würde, wenn die Schokolade langsam auf der Zunge zergeht.

 Mehrmals war ich kurz davor, die Tafel zu öffnen, vielleicht erst einmal nur ein ganz wenig, damit ich vielleicht sehen konnte, ob die Farbe noch in Ordnung war.Vielleicht war sie auch schon alt und grau? Ich sollte sie besser gleich essen, bevor sie noch verdirbt.

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                  Hier bin ich mit meinem Hund Dolfo, der den ganzen Tag mit mir unterwegs war, auf mich aufpasste und mir auch as Leben rettete.

 

 

Da meine Milka-Schokolade keine Beine hatte und nicht lebte, kam ich nach langem Grübeln zu der Überzeugung, dass es eine Pflanze sein muss.

Klar, es konnte nur eine Pflanze sein!

 Ich suchte mir eine schöne Stelle im Garten, schaufelte ein kleines Loch, nicht zu tief, und nicht zu flach, legte meine Schokolade hinein und bedeckte sie mit einer kleinen Schicht Erde.

Unsere Kuh Hilde, (Papa nannte sie nach Hildegard Knef), konnte die dicksten Kuhfladen machen, ich suchte einen, der schon etwas angetrocknet war, holte ihn mit Omas Spaten und düngte damit meinen Schokoladensamen.

Jeden Tag holte ich die große Blechgießkanne und wässerte, und düngte ungefähr alle zwei Tage.

Ich wartete und wartete.

Es vergingen 4 Samstage mit 4 Brezeln, und es war immer noch kein Keim zu sehen.

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Ich düngte und wässerte weiter, baute mit Dachschindeln einen kleinen Gartenzaun um den kleinen Erdhügel, und manchmal schloß ich meinen Wunsch nach dem Schokoladenbaum in mein Nachtgebet ein. Sicher ist sicher.Als im Herbst immer noch nichts von meinem Schokoladenbaum zu sehen war, befürchtete ich, dass vielleicht ein Huhn den winzigen Keimling gefunden und aufgepickt hatte, oder war der Schokoladensamen sogar eingegangen? Alles half nichts, ich musste nachschauen!

 Vorsichtig grub ich mit beiden Händen in der nassen Erde, womöglich hatte ich zu viel gegossen, oder waren etwa Hildes Fladen zu frisch?In der Erde fand ich noch ein paar Fetzen des lila Papiers, noch ein paar Schokoladenkrümel und etwas von dem Staniolpapier. Oh mein Gott, was war passiert? Es gab nur eine Erklärung, meine Schokolade war keine Pflanze. Ich weinte und schluchzte. Dolfo steckte sein nasse Schnauze unter meinen Arm. Nicht einmal er konnte mich trösten. Ich fand ein halbes Schokoladenstückchen, es sah fast unversehrt, geradezu gut aus, ich wollte es mir in den Mund stecken, und dann roch ich es: Hilde!

 Diese Episode liegt schon Jahrzehnte zurück, aber es ist, als wäre es gestern passiert, und wenn ich an die große Enttäuschung denke, füllen sich meine Augen immer noch mit Tränen.

Allerdings habe ich Trost gefunden.
Inzwischen bin ich erwachsen, bin nicht nur Dipl. Mode-Designerin, und Grafikerin und sondern habe wegen meiner, schon in frühester Kindheit entdeckter Leidenschaft zu Schokoalde, eine Ausbildung in der Schweiz zur Pralinistin gemacht.

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Jetzt mache ich für mich, (und manchmal auch für liebe Freunde), die feinste Schokolade der Welt, und male mir meinen Schokoladenbaum.

©Isabella Baklioglu
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